Wie ein Online-Händler in der Modebranche den Szenarien Rechner nutzen könnte
Zur Veranschaulichung des Retourenkosten-Kalkulators stellen wir hier ein Beispiel dar: Ein Online-Händler in der Modebranche möchte gerne verschiedene Szenarien bei der Versand- und Retouren-Politik in Erwägung ziehen und überprüfen, ob eine Änderung im Rahmen der neuen EU-Verbraucherrichtlinie für ihn sinnvoll wäre. Der Online-Händler weiß aus der Vergangenheit, dass er eine durchschnittliche Retourenquote von 50% hat, einen durchschnittlichen Deckungsbeitrag von 20€ pro Bestellung und 3€ zur Akquisition einer Bestellung benötigt. Zudem weiß er, dass die durchschnittlichen Prozesskosten für die Bearbeitung einer retournierten Bestellung bei 5€ liegen. Um eine Bestellung zu versenden, bezahlt er zudem 2€ an den Logistikdienstleister. Der Online-Händler stellt seinen Kunden keine Versandkosten in Rechnung (kostenfreier Versand) und aufgrund der jetzigen gesetzlichen Regelung übernimmt der Online-Händler auch die Kosten für den Rückversand retournierter Bestellungen.
Der Online-Händler möchte gerne alle möglichen Szenarien berechnen lassen und so den Einfluss der unterschiedlichen Entscheidungen auf seinen Gewinn ermitteln.
Er gibt daher die folgenden Zahlen ein:
Szenario | Gewinn pro Bestellung nach Retourenkosten | Notwendige bzw. zulässige Änderung in der Anzahl an Bestellungen, um den gleichen Gewinn wie im aktuellen Szenario zu erzielen |
---|---|---|
Aktuell: Versand frei, Retoure frei | 1.50 € | 0% |
Szenario A: Versand kostenpflichtig, Retoure frei | 2.50 € | -40% |
Szenario B: Versand frei, Retoure kostenpflichtig | 2.50 € | -40% |
Szenario C: Versand kostenpflichtig, Retoure kostenpflichtig | 3.50 € | -57% |
Im aktuellen Szenario erzielt der Online-Händler einen Gewinn von 1.50€ pro Bestellung nach Berücksichtigung der Retourenkosten. Würde der Händler die neue EU-Verbraucherrichtlinie als Chance sehen, um kostenpflichtige Retouren einzuführen (Szenario B), würde sein Gewinn pro Bestellung nach Retourenkosten auf 2.50€ steigen. Bei diesem Szenario würde er einen Rückgang von 40% in der Anzahl an Bestellungen aushalten, bis er unter den aktuellen Gewinn pro Bestellung nach Retourenkosten kommt. Sollte der Online-Händler sich dafür entscheiden, den Versand kostenpflichtig zu machen (Szenario A), die Retouren aber frei, würde er bei einen Gewinn pro Bestellung nach Retourenkosten von 2.50€, einen Rückgang an Bestellungen von maximal 40% vertragen.
Wenn sowohl der Versand als auch die Retoure für den Kunden kostenpflichtig sind (Szenario C), dann kann der Online-Händler 3.50€ Gewinn pro Bestellung nach Retourenkosten erzielen. Damit kann er selbst bei einem Rückgang der Bestellungen um 57% noch den gleichen Gewinn erzielen.
Wussten Sie, dass ein Rückgang ihrer Retourenquote um einen Prozentpunkt auf 49% bei ansonsten gleichen Kosten Ihren Gewinn nach Retourenkosten um 18% erhöht?
Um den Einfluss von Produktretouren auf den Gewinn etwas näher zu beleuchten, erfährt der Online-Händler außerdem etwas zu den Auswirkungen einer Retourenquotensenkung von 50% auf 49%. Bei ansonsten gleich bleibenden Kosten würde sich der Gewinn in diesem Fall um 18% erhöhen.
Prof. Dr. Bernd Skiera
Bernd Skiera hat seit 1999 den damals ersten Lehrstuhl für Electronic Commerce in Deutschland an der Goethe-Universität Frankfurt inne.
Siham El Kihal
Siham El Kihal nimmt am PhD Programm teil und ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt Customer Management in E-Finance beim E-Finance Lab beschäftigt.
Prof. Dr. Christian Schulze
Christian Schulze ist Assistant Professor für Marketing an der Frankfurt School of Finance & Management.